Chronik St. Kilian 1970 bis 1980
Teil 1 der Jahre 1970 bis 1980
Ab 1917 ereignet sich 54 Jahre, zumindest gemessen an der Amtszeit der jeweiligen Seelsorger, wenig Beunruhigendes in unserer Pfarrgemeinde St. Kilian. Zwei Priester in diesem Zeitraum leiten jeweils 20 Jahre und Pfarrer Bell 14 Jahre die Pfarrei. Das ändert sich im Juni 1971, als Pfarrer Josef Bell aus gesundheitlichen die Leitung der Pfarrei aufgibt. Pfarrer Hans Hauk, früher in Bremthal, wird im gleichen Jahr am 4. Juli von Stadtdekan Christian Jung als neuer Pfarrer von St. Kilian eingeführt. Für das Gemeindeleben ist es ein fließender Übergang, da Pfarrer Bell und seine Haushälterin, seine Schwester Frau Maria Bendel, zunächst mit Pfarrer Hauk bis Ende Januar 1972 im Pfarrhaus zusammen leben. Im August kommt Frau Walch als Haushälterin ins Pfarrhaus. Sie verteidigt nicht nur gleich einem Zerberus die Belange des Pfarrhaushaltes, sie kümmert sich auch um den Kirchenschmuck und ist immer eine willkommene Hilfe bei Festen und Feiern.
Pfarrer Hauk wird gleich zu Beginn seiner Amtsaufnahme mit einem Obdachlosenproblem konfrontiert. Einige Mitglieder der KSJ bzw. DPSG St. Kilian, auch aktiv in der „SKA“= Sozialkritische Aktion, tragen das Problem an die Gemeinde heran, zumal auch die „Siedlung Mühltal“ quasi vor der Tür liegt. Eine kleine Gruppe von Frauen des Mühltalausschusses und Pfarrer Hauk kümmern sich besonders um diese Menschen am Rand der Gesellschaft. Der Erfolg zeigt sich in der am Sonntag am Gottesdienst teilnehmenden Kinderzahl und an einer Tauffeier in einem Sonntagsgottesdienst mit 14 Kindern.
Die Gremien und Ausschüsse der Pfarrei stützen sich, verglichen mit heute, auf eine hohe Zahl an Mitgliedern. Der Ausschuss „Sozialhilfe und Caritas“ umfasst beispielsweise 19 Mitglieder. Der Kirchenvorstand wird nach 9-jähriger Amtsperiode 1974 entsprechend den Beschlüssen des II. Vatikanischen Konzils durch einen vom Pfarrgemeinderat neu gewählten Verwaltungsrat abgelöst. Zum PGR gehören in diesen Jahren die Ausschüsse Liturgie, Jugend, Öffentlichkeitsarbeit, Feste & Geselligkeit, Ehe und Familie, Kindergarten, Mission und Sozialhilfe & Caritas. Das hohe Engagement lässt sich an den zahlreichen Sitzungen, bis zu 19 Mal pro Jahr, ablesen. Leider lassen sich nicht immer alle Pläne umsetzen.
Besonders in dem Bereich der Jugendarbeit und Öffentlichkeitsarbeit gibt es immer wieder Rückschläge. Die Ausschüsse sind aber auch eine Quelle, aus der sich die Helfer für die unterschiedlichsten Aufgaben in der Gemeinde einfach rekrutieren lassen.
1972 gelingt der Start eines Kinderchores. Kaplan Geis, von September 1972 bis Dezember 1975 in St. Kilian bzw. St. Marien beheimatet und für sein Musikstudium freigestellt, schafft es über eine Scholar, einen Kirchenchor aufzubauen. Der verfügt im Laufe der Jahre über ein breites Repertoire und wirkt 1974 an der Gestaltung von Gottesdiensten 20mal mit. Für 1975 sind 2 Konzerte in Lahnstein und Auftritte in Nachbargemeinden vorgesehen.
Im Frühjahr 1972 fällt auch die Entscheidung für die Renovation der Kirche mit einer neuen Altarlösung. Bereits 5 Monate später beginnen die Arbeiten. In der Zwischenzeit weicht man mit den Gottesdiensten in den Pfarrsaal aus. Wegen der beengten Räumlichkeiten wird die Christmette in der evangelischen Heilig-Geist-Kirche gefeiert. Schon im März 1973 steht zur Freude der ganzen Pfarrgemeinde die renovierte Kirche wieder für Gebet und Gottesdienste zur Verfügung.
Bereits einige Jahre später steht wieder eine folgenschwere Entscheidung an, da sie ist mit erheblichen finanziellen Folgen für die Gemeinde verbunden ist. Pfarrer Hauk schlägt 1978 vor, eine neue Orgel anzuschaffen. Nach vielen intensiven Diskussionen in Bezug auf Finanzierung, Orgelausführung und Standort beschließen am 18.05.1978 in einer gemeinsamen Sitzung PGR und Verwaltungsrat den Kauf einer neuen Orgel im Bewusstsein, dass die die Gemeinde die erforderlichen 130.000,- DM über Spenden aufbringen muss.
Mit Bildungs- und Informationsveranstaltungen sowie geselligen Veranstaltungen bemühen sich der PGR und die Ausschüsse, Gelegenheiten für Kontakte unter den Gemeindemitgliedern anzubieten, um so eine engere Bindung zur Pfarrei zu erreichen. Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit ist der Erfolg überschaubar, obwohl immer wieder aktuelle Themen angeboten werden wie z. B. bereits 1976 ein Referat mit Diskussion über: „Die Kirche von morgen – Fehler der Kirche in der Vergangenheit“. Erfolgreicher, wenn auch mit langsam fallenden Teilnehmerzahlen ist das jährliche „Gemeindetraining“ über 8 Jahre hinweg. Obwohl es anfangs sogar über zwei Tage lief, nahmen bis zu 140 Gemeindemitglieder teil.
Die geselligen Angebote als Motivator für ein Zusammengehörigkeitsgefühl werden besser angenommen. So kann ein Tanzkreis mehrerer Ehepaare 1977 10-jähriges Bestehen feiern. Aus einem 1972 gebildeten größeren Familienkreis besteht ein Teil noch heute. Einige der erfolgreichen Angebote sind die von „Fest & Geselligkeit“ organisierten Faschingsveranstaltungen, Pfarr- und Kinderfeste. Das gleiche trifft für die jährlich sehr erfolgreichen Weihnachtsbasare mit geselligem Beisammensein zu. Sie helfen Brücken zu bauen und die Menschen zusammen zuführen. Zusätzlich bringen sie beachtliche Einnahmen für soziale Projekte. Dies trifft gleichermaßen auf die zahlreich in Anspruch genommenen Familienurlaube, Jugendfreizeiten, Senioren-Tagesfahrten und Gemeindefahrten (Taizé, Santiago, Rom, Wien England etc.) zu.
Die Versuche, die Kontakte auch im Sinne der Ökumene auf die evangelischen Nachbargemeinden auszudehnen, begannen 1971 mit einem gemeinsamen Gottesdienst in der Heilig-Geist Kirche. Zwischenzeitlich werden mehrere sogenannte ökumenische Dampferfahrten organisiert. Im folgenden Jahr findet erstmals ein Predigeraustausch mit der Markusgemeinde und St. Kilian zum Buß- und Bettag und Elisabethentag statt. 1976 beginnen auf Anregung des Ökumeneausschusses regelmäßige Gesprächskreise mit Interessierten der Gemeinden Markus und Hl. Geist, um über bestehende Unterschiede zu diskutieren und das Verständnis untereinander zu fördern. Daraus entwickeln sich bis heute die jährlichen, abwechselnd in den jeweiligen Pfarrkirchen, gemeinsamen Passionsandachten. Bei einer dieser Gesprächsrunden 1977 taucht die Frage nach dem zur Pfarrgemeinde gehörenden Baugrundstück Feldberg-/Donnersbergstraße auf, die den VKR in der folgenden Zeit stark beschäftigt und schließlich zum Bau einer Altenwohnanlage führt. Der miteingeplante Andachtsraum für St. Kilian wird bis heute für die Freitags-Gottesdienste und das Senioren-Frühstück genutzt.