Die Solidarität untereinander wächst
Klaus Nebel ist Pfarrer in St. Bonifatius und Stadtdekan von Wiesbaden.
Wie erleben Sie die derzeitige Situation?
Wir werden genötigt zur Entschleunigung, das hat auch was Gutes, wo wir uns sonst oft im Aktionismus erschöpfen. Und im Homeoffice zu sein, ist für mich nichts Neues. Bei mir ist home immer office. Aber dass wir nicht zusammenkommen können zur Feier des Gottesdienstes, das ist für mich sehr schmerzlich. Das wird durch alle Altersschichten hindurch so empfunden. Die Messe in der Kirche alleine zu feiern, ist ungewohnt, ich habe ja sonst immer eine Gemeinde. Die leeren Stuhlreihen sind ein trauriger Anblick. Es entspricht auch nicht dem, was Liturgie ist, in der realen Gemeinschaft der Menschen, die zusammen kommen.
Mit welchen Angeboten reagieren Sie?
Wir streamen den Gottesdienst und haben für die Erstkommunionkinder einen Fasten- und Osterzeitkalender auf youtube, der gut ankommt. Mittels unserer Gebetsblätter, die wir zum Mitnehmen, aber auch zum Ausdrucken zur Verfügung stellen, wollen wir möglichst viel Partizipation ermöglichen. Vor allem aber wollen wir deutlich machen: Die Kirche bleibt im Betrieb! Das Herzstück unsers Glaubens ist nicht tot, es wird gebetet, es wird Gottesdienst gefeiert. Natürlich wollen auch wir Seelsorger zeigen, dass wir nicht abgetaucht, sondern verfügbar sind. Seelsorge und Pastoral leben von der realen Begegnung. Ich versuche jetzt, vieles am Telefon aufzufangen, mit Menschen zu sprechen, die sich sorgen, um ihre Gesundheit, um ihren Job.
Was hilft jetzt?
Beten! Und möglichst viele Menschen in das Beten mit hinein nehmen. Das ist für mich das Wichtigste. Zusammenhalt kann man auch im miteinander Beten realisieren. Es setzt ein Gemeinschaftsgefühl frei und weckt in uns an der richtigen Stelle den Blick für den Nächsten. Das Virus verhindert, dass wir zusammen kommen, aber es kann unsere Gemeinschaft nicht zerstören. Auf die Zukunft hin hoffe ich, dass die Solidarität, die jetzt wächst, über die Zeit hinaus trägt. Genauso wie die neu entdeckte Wertschätzung für Menschen in pflegerischen Berufen bis hin zu den sozialen Diensten der Caritas. Vielleicht lernen wir durch diese Krise auch, dass manche Konflikte und Kleinkriege sehr relativ sind: Eigentlich geht es uns sehr gut!
Wie geht es Erzieherinnen und Erziehern in der Notbetreuung? Mit welchen Gefühlen tritt ein Krankenhausseelsorger seinen Dienst an? Was macht ein Kirchenmusiker, wenn Chorproben und Gottesdienste ausfallen? Und wie organisieren Seelsorgerinnen und Seelsorger die Pastoral vor Ort? Das Bistum Limburg will mit einer neuen Reihe von Kurzinterviews einen Einblick in den Alltag von Menschen in Zeiten von Corona eröffnen. Alle Beiträge finden Sie auf unserer Themenseite: https://bistumlimburg.de/thema/drei-fragen/