Georg Fischer
Mein Name ist Georg Fischer, ich bin 50 Jahre alt, verheiratet, wir haben zwei Söhne (17 und 20 Jahre) und wohnen in Eschborn-Niederhöchstadt.
Seit mehr als 20 Jahren arbeite ich als Team- und Projektleiter in der IT der Lufthansa. Ehrenamtlich engagiere ich mich schon von klein auf in der katholischen Kirche, sei es in der örtlichen Gemeinde oder seit 30 Jahren in der Charismatischen Erneuerung in der Katholischen Kirche, eine der neuen geistlichen Bewegungen.
Herr Fischer, am 01. September 2021 haben Sie Ihre Ausbildung zum Diakon im Zivilberuf angefangen. Was hat Sie dazu motiviert?
Für mich hat meine mit Corona verbundene Kurzarbeit ab März 2020 Raum geschaffen, erneut darüber nachzudenken, wo mein Platz in der Kirche ist: Ich hatte bereits Anfang der 2000er Jahre Theologie im Fernkurs abgeschlossen, - auch mit der Perspektive irgendwann vielleicht Diakon zu werden. Das war viele Jahre lang in unserer familiären Situation, der beruflichen Verantwortung und unserem ehrenamtlichen Engagement nicht möglich. Inzwischen sind die Kinder (beinahe) erwachsen. Während der Kurzarbeit bot sich auf einmal die Gelegenheit, einen weiteren benötigten Theologie Aufbaukurs zu absolvieren und ich wurde in den Bewerberkreis zum Diakonat im Zivilberuf aufgenommen. Für die praktische Ausbildung darf ich dazu in St. Peter und Paul / Kirchort Sankt Kilian mit Diakon Uwe Groß als meinem Mentor sein.
Was genau heißt „im Zivilberuf“? Erklären Sie bitte wie die Ausbildung zum Diakon abläuft.
„Im Zivilberuf“ bedeutet zunächst, dass ich weiter in meinem Hauptberuf arbeite und das Diakonat ehrenamtlich in meiner Freizeit ausübe. Außerdem möchte ich zukünftig als Diakon insbesondere Brückenbauer und Botschafter für diejenigen sein, die der Kirche eher fernstehen, also eher außerhalb der traditionellen Gemeindestrukturen arbeiten. Beispielsweise also im Umfeld meines Zivilberufs oder an anderen Orten, die wir als katholische Pfarrgemeinde in der Regel nicht mehr erreichen, möchte ich für Menschen da sein und Zeugnis geben, wie meine Beziehung zu Gott mich im Leben trägt, prägt und bereichert und sie dabei unterstützen, Jesus auch kennen und lieben zu lernen.
Für die Ausbildung zum Diakon im Zivilberuf ist zunächst der Grund- und Aufbaukurs von Theologie im Fernkurs zu absolvieren, gefolgt von einer dreijährigen praktischen pastoralen Ausbildung bis zur Weihe zum Ständigen Diakon. In der Zeit gibt es sowohl Studientage in Limburg und Praxiseinsätzen in der Ausbildungspfarrei, aber auch Aufgaben wie die Erstellung einer Sozialraumerkundung, die Durchführung eines diakonischen Projektes, die Abgabe einer Hausarbeit, sowie Predigt- und Pastoral-Prüfungen.
Wie reagieren die Menschen in Ihrem Umfeld, wenn Sie erzählen, dass Sie Diakon werden wollen?
Bisher habe ich nur positive Reaktionen oder Interesse erlebt. Insbesondere aus meinem kirchlichen Umfeld wurde ich bisher immer nur ermutigt, mich auf diesen Weg zu begeben. Ich musste dabei aber auch schon oft die Erwartungen aus der Ortsgemeinde dämpfen, dass ich nach der Weihe die pastoralen Lücken vor Ort füllen werde. In meinem beruflichen Umfeld muss ich oft erst erklären, was ein Diakon eigentlich ist. Dann bekomme ich von den meisten aber auch positive Rückmeldung. Insbesondere, dass und wie ich mich einbringen möchte, als Kirche rauszugehen zu den Menschen und für die da zu sein, die keinen kirchlichen Bezug haben. Bei allem Negativem, dass sie aktuell mit Kirche verbinden, ist das für viele etwas Positives.
Was sagen Sie zu den Menschen, die austreten wollen oder vielleicht schon ausgetreten sind?
Ich sage erstmal nichts, sondern höre zu: Was hat den oder diejenige dazu bewegt? Was müsste sich aus ihrer Sicht ändern? Gibt es etwas, in dem ich jetzt für diese Person da sein kann? Oft sind der Glaube und die persönliche Beziehung zu Gott ja weiter wichtig im Leben der Menschen. Dazu würde ich ermutigen, dies mit anderen Christen gemeinsam zu leben, in der Kirche zu bleiben und so zur Erneuerung im Kleinen beizutragen - auch wenn man berechtigterweise mit vielem in der Kirche nicht einverstanden ist und sein kann. Das kann auch bedeuten tatsächlich die Ortsgemeinde zu verlassen und sich einen anderen Ort innerhalb der Kirche zu suchen, an dem Glaube für mich spürbar wird. Aber selbstverständlich muss man auch respektieren, wenn jemand austritt und dann signalisieren, dass unsere Türen jederzeit weiter offen für sie stehen.
Wie sehen Sie „die Kirche“ in 30 Jahren?
Ich denke, dass die Kirche in Deutschland eine völlig andere sein wird. Das volkskirchliche Modell wird mehr und mehr auslaufen und unser traditionelle Pfarrfamilien nur noch vereinzelt existieren. Es wird aber neue Gemeinschaften, kleinere Kreise und neue Formen der kirchlichen Gemeinschaft mit Menschen geben, die sich bewusst für ein Leben mit Gott entschieden haben und in einer persönlichen Beziehung zu Gott leben, die ihren Alltag prägt. Diese geben – so wie die ersten Christen- auch wieder bewusster und aktiver in ihrem Umfeld Zeugnis von ihrer Begeisterung von Gott und unterstützen so, dass auch andere, Gott kennen und lieben lernen. Vieles wird also sterben, aber auch Neues wachsen. Die Kirche wird eine stärker missionarische und durch persönliche Entscheidung geprägte Kirche werden.
Wann werden wir Sie wieder in unserer Pfarrei antreffen?
Man kann mich bis Ende September immer wieder freitags von 15 bis 18 Uhr bei dem diakonischen Pionierprojekt „Bikes&Babbeln“ auf dem Ulrich-Weinerth-Platz in der Waldstraße treffen, dass ich mit mehreren Kooperationspartnern (zwei kirchliche Partner, zwei nicht-kirchliche) ab Juni gestartet habe (hier laden Sie den Flyer herunter). Dort helfen wir Menschen bei der Reparatur ihres Fahrrads, und sind auch als Kirche präsent, sind ansprechbar, hören zu.
Außerdem gilt es, im Rahmen meiner Ausbildung bis Ende 2024, vieles zu lernen und zu erproben, was zum Dienst eines Diakons gehört ,– mit der Herausforderung, gleichzeitig ziemlich in meinem Beruf eingespannt zu sein. Dazu werde ich ab September circa einmal im Monat in St. Kilian sein, zu speziellen Trau- und Taufgottesdiensten, sowie bei Beerdigungen und in Gottesdiensten unterstützen.
Lieber Herr Fischer, vielen Dank für Ihre Zeit, Ihre motivierenden Antworten und Ihre Zuversicht.
Für Ihren Dienst in unserer Pfarrei wünschen wir Ihnen alles Gute.
Die Fragen stellte Pastoralreferent Manuel Gall
