Maria und Josef auf ihrem Weg nach Bethlehem – in diesem Jahr haben wir dies einmal ganz bildhaft nachgestellt und die beiden durch die Kirche wandern lassen. An verschiedenen Orten suchten sie nach einem „Platz für Gott“, für die Geburt Jesu. Das sollte in einer Kirche doch ein leichtes sein, werden Sie vielleicht denken.

Tatsächlich aber wirkten die beiden immer irgendwie deplatziert und schienen sich selbst auch nicht ganz wohl zu fühlen: im Eingangsbereich unserer Kirche, vor dem Altar oder am dritten Advent vor dem Tabernakel. Wenn nicht hier wo dann?
Am vierten Sonntag standen sie nun endlich vor der Krippenlandschaft und suchten ihren Platz.

Ehrlich gesagt, haben wir es ihnen auch hier nicht einfach gemacht, denn statt in einer erwartbaren orientalischen Umgebung, sind Maria und Josef mitten in Wiesbaden gelandet – auf einer Baustelle.

„Wir bauen Zukunft?“ heißt es dort fast optimistisch, aber mit einem Fragezeichen versehen, denn die Szenerie betreten, soll doch jede/r „auf eigene Gefahr“.
Zukunft bauen, das passt zu Maria und Josef, zur Geburt Jesu, der unsere Zukunft ist, unsere Hoffnung auf Frieden.
Aber „Zukunft bauen“ ist in unserer Welt, in Wiesbaden, eher eine profane Angelegenheit, die von Bauunternehmen in die Hand genommen wird: Ein tristes Baufeld argwöhnisch überwacht von einem Bauleiter, der sich so gar nicht über die „Konkurrenz“ des zukunftsfreudigen Paars auf seinem Terrain freut.
Eine hochschwangere Frau und ihr Mann, die sich ganz offenbar in einer ärmlichen Behausung niederlassen wollen, um dort ihr Kind zur Welt zu bringen – ihre „Form“ Zukunft zu bauen.
Da muss der Bauleiter doch schnell mal in seinen Unterlagen nachsehen. Da entsteht etwas anderes als geplant. Das passt nicht in sein „Konzept Zukunft“. So etwas ärmliches, eine Flüchtlingsunterkunft, gehört nicht hierher. Oder vielleicht doch?

Es schließt sich ein unwirtliches Land an, trockener Boden ohne Frucht und ein Brunnen ohne Wasser. Das Wasser des Lebens – es ist abgegraben, ausgetrocknet. Ein Hirte findet keine Nahrung für seine Schafe – auch die Weide ist vertrocknet, der Boden schon aufgerissen.
Sieht so „Zukunft bauen“ aus?
Wo ist hier Zukunft für ein Kind, dazu noch ein neugeborenes? Wo ist Platz für dieses Kind, Platz für Gott in dieser trostlosen Landschaft? Wo soll Gott hier wohnen?

„Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott
– und das Wort ist Mensch geworden und hat unter uns gewohnt.“
Also doch, Gott wohnt unter uns – auch hier wo Leben fast unmöglich scheint. Zumindest verkündet das der Engel!
Im Anfang, nicht am Anfang. Im Anfang war das Wort und das Wort war Gott. Mitten unter uns, von Anfang an war Platz für Gott – ER ist schon längst da. Schon vor dem Werden unserer Welt war Gott da und er begleitet uns und seine Schöpfung. Feuer, Wasser, Erde, Luft sind Geschenke Gottes und in unserer Krippendarstellung auch Geschenke für Gott, überreicht von vier statt drei Weisen.
Nimmt unser Bauherr in der Wiesbadener Krippen-Bauplatz-Landschaft dieses kraftvolle Leben, dass sich hier auf seinem Baufeld Platz schafft, denn gar nicht wahr? Nehmen wir es wahr? Oder denken wir, was hat das mit uns zu tun, mit Weihnachten?
Aber vielleicht ist ja genau das Weihnachten:
Ein Platz für Gott in unserer Realität, die ambivalent und herausfordernd ist. Und nicht nur in einer weichgezeichneten lieblichen Krippenlandschaft mit holdem Knaben im lockigen Haar … sondern mindestens auch ein
Platz für Gott im Hier und Jetzt.
Idee und Umsetzung der Krippenlandschaft:
Elisabeth Kessels kongenial begleitet von Christina Kahlen-Pappas