„Zuspruch“ auf hr2: In der Ruhe liegt die Kraft! Ein Heiliger und sein Rezept


Diakon Uwe Groß spricht in der Woche vom 9. bis 14. Januar ab ca. 6:30 Uhr in der Reihe „Zuspruch“ auf hr2. Hören Sie es sich live im Radio oder auf der Webseite des hr an oder lesen Sie den tagesaktuellen Text hier:
In der Ruhe liegt die Kraft! Ein Heiliger und sein Rezept
„Wieviel soll man am Tag beten?“, wurde einmal der heilige Franz von Sales gefragt. Er hat darauf geantwortet: „Normalerweise genügt eine halbe Stunde, aber wenn man viel zu tun hat, dann soll man doppelt solange beten.“ Ich finde diese Antwort genial. Im Prinzip sagt Franz von Sales damit: „In der Ruhe liegt die Kraft. Wenn du Stress hast, schalte erst mal einen Gang zurück und verfalle nicht in eine Hektik, in der du wahrscheinlich nur Fehler machen wirst.“ Und das kenne ich auch aus meiner eigenen Erfahrung: Wenn etwas besonders schnell gehen soll, dann geht es gerade erst recht schief, wenn viele Dinge zusammenkommen: ein Anruf, es klingelt an der Tür, das Wasser auf dem Herd kocht über, dann hilft nur eins: Aussteigen aus dem alltäglichen Wahnsinn und eines nach dem anderen erledigen, je nach Dringlichkeit.
Franz von Sales schreibt dazu: „Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt, die unsere Arbeit auszeichnen sollen, sind wohl zu unterscheiden von Unruhe, Ängstlichkeit und Übereilung ... Sei sorgfältig und gewissenhaft in allen Obliegenheiten. Gott hat sie dir anvertraut und will, dass du große Sorgfalt darauf verwendest. Vermeide aber dabei jede Ängstlichkeit und Aufregung, d. h. verrichte sie ohne Unruhe, ohne ängstliche Besorgnis oder hitzigen Eifer. Verrichte deine Arbeit niemals hastig, denn jede aufgeregte Hast trübt Vernunft und Urteil; damit hindert sie uns, eine Sache gut zu machen.“ (Philothea III,10)
Franz von Sales ist (nicht nur deshalb) einer meiner Lieblingsheiligen. Er war schon zu seiner Zeit im 16. Jahrhundert ein gefragter Ratgeber. Als Bischof lebte er in Frankreich im Grenzgebiet zur Schweiz. Damals kämpften evangelische gegen katholische Christen. Für Franz war immer die Liebe die oberste Maxime. In einer Zeit voller Verblendung und Rechthaberei sagte er immer wieder seinen Satz: „Alles aus Liebe, nichts aus Zwang.“ Auch bei seinen scheinbaren Gegnern suchte er das Gute in ihren Anliegen zu sehen; ermöglichen wollte er ein friedliches Miteinanderleben von Christen verschiedener Konfessionen.
In der katholischen Kirche ist er hauptsächlich als Heiliger der Sanftmut in Erinnerung geblieben: Er hasste es, Menschen schwere Lasten aufzubürden, indem sie lange Gebete oder Gottesdienste ableisten sollen. Franz sagte dazu: „Jeder ist berufen, seine Frucht auf seine Art zu erbringen. Ein Bischof kann und soll nicht leben wie ein Mönch. Eheleute können nicht wie Kapuziner leben, und auch Handwerker können nicht wie Ordensleute den halben Tag in der Kirche verbringen. Aber Früchte an guten Werken können alle erbringen.“ Franz von Sales ist für mich ein Meister der Menschenkenntnis und ein geistlicher Lehrer par excellence. Seine kurzen und knappen Sätze, lese ich immer mal wieder. Sie sind eine Fundgrube für den Alltag meines Lebens. Und wenn es wieder einmal stressig wird in diesem Jahr, werde ich an ihn denken und innehalten.