Abschied aus der Pfarrei: Gemeindereferentin Birgit Schmitt


Zum Werdegang von Birgit Schmitt
Birgit Schmitt, geboren 1957 in Wirges im Westerwald. Nach dem Abitur Studium der Praktischen Theologie an der Katholischen Fachhochschule in Mainz mit dem Abschluss: Diplom Religionspädagogin (FH). Assistenzzeit in den Gemeinden St. Michael und Hl. Familie in Wiesbaden, erste Stelle als Gemeindereferentin in der Pfarrei St. Peter und Paul in Hochheim. 1982 Heirat, drei Jahre später Geburt der ersten Tochter. Von 1985 bis 2000 Familienpause, in dieser Zeit Geburt einer weiteren Tochter und eines Sohnes.
Ab Sommer 2000 Wiedereinstieg in den Beruf mit einem Projektvertrag für die Erstkommunionvorbereitung in der Pfarrei Dreifaltigkeit in Wiesbaden. Danach Ausweitung des Beschäftigungsumfangs und schließlich 2005 unbefristete Anstellung als Gemeindereferentin in der Pfarrei St. Marien mit einem Beschäftigungsumfang von zunächst 50%, später 60%. Mit der Fusion zur Pfarrei neuen Typs kamen Aufgaben für die gesamte Pfarrei hinzu, es blieb aber die Funktion als Ansprechperson für die Gemeinde St. Marien.
Am 22. Oktober ist ihr letzter Arbeitstag und nach Urlaub und Zeitausgleich geht sie zum 1. Dezember in den Ruhestand
Mit welchen Gefühlen verbinden Sie Ihren Weggang?
In diesem Jahr bin ich seit 15 Jahren in St. Marien. Das ist eine lange Zeit, in der sich vieles geändert hat. Manche Veränderungen waren gut und notwendig, andere hat man notgedrungen mitgemacht. In gewisser Hinsicht bin ich froh, manche Konflikte oder auch Umwandlungen nicht mehr als hauptamtlich Aktive durchtragen zu müssen. Ich werde einige Menschen vermissen, freue mich aber auch darauf meine Zeit in Zukunft selbst gestalten zu können.
An welche Ereignisse und Begegnungen werden Sie sich wohl noch in vielen Jahren erinnern?
Zuerst fallen mir da zwei eher negative Ereignisse ein: der Tod des damaligen Pfarrers im Pastoralen Raum Biebrich Albert Heil, mit einer Zunahme an Zuständig- und Verantwortlichkeiten für mich. Das zweite Ereignis war der Skandal um Bischof Tebartz van Elst mit all den Diskussionen im Vorfeld über seinen Führungsstil und die schlechte Stimmung in der Diözese.
In Erinnerung bleiben aber auch berührende Gespräche mit Angehörigen bei der Vorbereitung von Beerdigungen, das gute Gefühl wenn eine gemeinsam vorbereitete Veranstaltung erfolgreich und gut gelaufen ist. Persönliche Wertschätzung, die mir von Kollegen, Ehrenamtlichen und Gemeindemitgliedern entgegengebracht worden ist.
Was werden Sie auf keinen Fall vermissen?
Das sind die Abendtermine, die unumgänglich sind, weil die meisten Ehrenamtlichen durch ihre Berufstätigkeit ja erst abends Zeit für Sitzungen, Vorbereitungsrunden etc. haben. Mit zunehmendem Alter sind mir diese Termine immer schwerer gefallen, weil ich danach immer Schwierigkeiten beim Einschlafen hatte und noch bis spät in die Nacht wach lag.
Wie hat sich im Laufe Ihres Dienstes als Gemeindereferentin „die Kirche“ verändert?
Im Jahr 1981 habe ich meinen Dienst in der Pfarrei St. Peter und Paul in Hochheim begonnen. Hochheim war damals noch eine ziemlich traditionelle Pfarrei, in der es einen großen Mitarbeiterstab an ehrenamtlichen Mitarbeitern gab. Diese Mitarbeiter haben oft einen großen Teil ihrer Freizeit im Engagement für ihre Pfarrei verbracht. Es gab noch mehrere Sonntagsgottesdienste, einen katholischen Schulgottesdienst in der Woche, diverse Werktagsgottesdienste und all diese Gottesdienste waren ziemlich gut besucht. Hochheim war das Beispiel für eine Kleinstadt, die überschaubar war und in der die katholische Sozialisation noch recht gut funktionierte.
Nach einer langen Familienpause kam ich dann nach Wiesbaden und fand hier eine ganz andere Art von Gemeinde vor. Auch in der Innenstadtpfarrei, in der ich damals arbeitete, gab es engagierte Gemeindemitglieder, aber viel weniger Kinder eines Jahrgangs gingen zur Erstkommunion und es war ziemlich schwierig Eltern zur Mitwirkung bei den Katechesen zu bewegen. (Wir zahlen ja schließlich Kirchensteuer und können diese Dienstleistung von der Pfarrei erwarten). In den folgenden Jahren zeichnete es sich immer mehr ab, dass Menschen die Kirche punktuelle in Anspruch nehmen wollen, aber über lange Phasen hinweg keinerlei Kontakt mit ihr haben. Auch eine kontinuierliche Mitarbeit in der Gemeinde gibt es nur noch bei wenigen Menschen. Sie sind vielleicht bereit projektbezogen sich für einen überschaubaren Zeitrahmen einzubringen, aber nicht mehr als Langzeit-Ehrenamtlicher.
Mein Eindruck ist: Die meisten Menschen kommen ganz gut ohne die Kirche aus. Ihnen scheint sie in ihrem Alltag nicht zu fehlen.
Wie sehen Sie „die Kirche“ in 30 Jahren?
Ich vermute wir werden noch viel weniger werden, die Kirche wird sich von vielen Immobilien trennen müssen und wir werden als Pfarrei enger zusammenrücken. Die Kirchensteuer wird sicher nicht mehr vom Staat eingetrieben werden, so dass es eine ganz bewusste Entscheidung für die Menschen sein wird, ob sie Mitglied in der Kirche sein wollen, oder nicht. Meine Hoffnung für die Zukunft ist, dass wir als Katholiken aus unseren Kirchen rauskommen und für die Menschen in unserer Nachbarschaft als Glaubensträger erleb- und erfahrbar werden.
Die Fragen stellte Pastoralreferent Manuel Gall