3 Liter vom Besten für den Abt – täglich!
„Was die Fürstäbte von Fulda am liebsten tranken“, unter diesem Motto hatte das Ehepaar Rollig schon 2020 eine Weinprobe geplant und vorbereitet – doch Corona sorgte für ein mehrmaliges Verschieben – doch am Freitag, den 13. Mai 2022 war es endlich so weit. 48 Weinfreunde hatten den Weg nach St. Klara gefunden und wurden in der, zum stilvoll geschmückten Gemeindesaal, umgeräumten Kirche von Dr. Rollig mit einem Gläschen Secco begrüßt. Um spätere alkoholbedingte Ausfallerscheinungen zu vermeiden – es standen 8 Weine zur Probe an – wurde zuerst eine deftige Grundlage gelegt: ein leckerer Eintopf nach einem Fuldaer Originalrezept, mengenmäßig reichlich gekocht und doch vollständig aufgegessen – ein Kompliment für die beiden Köche, die in der „Freiluftküche“ auf der Sonnenterasse unter dem Zeltdach auf zwei Hockergeräten kochen mussten, da die Küche im Untergeschoss seit einigen Monaten gesperrt ist.
Frisch gestärkt präsentierte Dr. Rollig zunächst 6 Weine aus Hammelburg, der ältesten beurkundeten Weinstadt Frankens. Karl der Große schenkte 777 das Gebiet um Hammelburg dem Kloster Fulda, und die Fürstäbte unterhielten dort auf Burg Saaleck seit 1298 ein eigenes, recht großes Weingut, das das Kloster mit Wein belieferte. Und die Mönche konsumierten reichlich. Die präsentierten Weine stammten ausschließlich aus diesem ursprünglich fürstäbtlichen Weingut, das über mehrere Zwischenstationen seit 2011 von der Familie Lange bewirtschaftet wird.
Zwischen den einzelnen Weinen gab es interessante Informationen, eine Zeitreise durch 1.000 Jahre Kirchen- und Weltgeschichte: zum Kloster Fulda und seiner Entwicklung, zu den Fürstäbten, zu besonderen Highlights in der Geschichte des Klosters und des zugehörigen kirchlichen Kleinstaats „Hochstift Fulda“.
Wussten Sie, dass ein Fuldaer Fürstabt 1271 während der Messe am Altar der Stiftskirche ermordet wurde oder dass es zwei Aufstände der Fuldaer Bürger gegen den Fürstabt gab, die blutig niedergeschlagen wurden? Oder dass ab 1542 bis 1570 im katholischen Fulda eine kirchliche Reformationsordnung (von Fürstabt Schenk zu Schweinsberg erlassen) bestand, die die Regelungen des Vaticanums 2 bereits vorwegnahm und mit der Erlaubnis der Priesterehe sogar weiter ging als unser heutiger Stand? Allerdings fiel diese fortschrittliche Ordnung der Gegenreformation und den Jesuiten zum Opfer.
Auch auf den Prunk und die Bauwut der sich absolutistisch gebenden Fürstäbte während der Barockzeit kam Dr. Rollig zu sprechen und auf das Ende des Hochstifts Fulda durch den Reichsdeputationshauptschluss im Jahr 1802.
Zu Fulda gehörte nicht nur über 1000 Jahre die Stadt Hammelburg, sondern in der Geschichte zwei Mal der Johannisberg im Rheingau: 772 bis 817 und dann ab 1716 bis zum Schicksalsjahr 1802. Der Fürstabt Konstantin von Buttlar kaufte 1716 den Johannisberg für 75.392 Gulden und investierte weitere 148.000 Gulden in das neue Sommerschloss und den riesigen Weinkeller (der Dom in Fulda kostete 1,2 Mio). Im Jahr 1775 spielt dann die Geschichte mit dem Spätlesereiter. Die in der Folge in Johannisberg erzeugten süßen und edelsüßen Weine wurden in Fulda auf Flaschen gezogen und die besten davon in einem besonderen Raum, der dem „geheimen Cabinet“ – also dem Fürstabt, ab 1752 Fürstbischof persönlich unterstand, gelagert. Daher stammt der Begriff „Cabinetwein“ im deutschen Weinrecht.
Neben den Informationen über das zweite Standbein Fuldas im Weinanbau gab es zwei Weine aus dem Weingut Schamari-Mühle in Johannisberg, der letztere – eine Auslese – passte hervorragend zum Obstkuchen, der traditionell zum letzten Wein der Probe, dem „Drüberstreuer“ gereicht wurde.
Ein gelungener Abschluss zu einer insgesamt gelungenen Probe.