„Zuspruch“ auf hr2: Etwas Besseres als den Tod
Diakon Uwe Groß spricht in der Woche vom 9. bis 14. Dezember 2024 ab ca. 6:30 Uhr in der Reihe „Zuspruch“ auf hr2. Hören Sie es sich live im Radio oder auf der Webseite des hr an oder lesen Sie den tagesaktuellen Text hier:
Etwas Besseres als den Tod
Die Bremer Stadtmusikanten sind mein Lieblingsmärchen und das eigentlich nur wegen des einen Satzes, den der Esel zum Hahn spricht: „Etwas Besseres als den Tod findest du überall.“ Der Esel ist weggelaufen vom Müller, dem er viele Jahre gedient hat, weil der Müller ihn zur Schlachtung freigeben wollte. Der Esel macht sich auf den Weg nach Bremen, wo er als Stadtmusikant seinen Lebensunterhalt verdienen will. Unterwegs begegnet er einem Hund, der als alter Jagdhund auch nicht mehr taugt und von seinem Herrn erschossen werden soll. Der geht mit ihm, und sie begegnen einer Katze, die ebenfalls zuhause den Tod fürchtet und mit ihnen geht. Schließlich kommt der Hahn dazu, der in der Suppe landen soll und deswegen flieht: „Komm mit uns, sagt der Esel, etwas Besseres als den Tod findest du überall.“
Als Kind mochte ich das Märchen, weil die vier Tiere schlauer waren als die Räuber, die sie durch ihr lautes Singen aus ihrem Haus verjagten. Als Erwachsener bewundere ich die Weisheit und den Mut der Tiere, aufzubrechen und sich nicht einfach ihrem Schicksal zu ergeben: „Etwas Besseres als den Tod findest du überall.“
Für mich spricht daraus: Finde dich nicht einfach ab, mit einem Urteil, das andere über dich gefällt haben oder mehr noch: Finde dich nicht ab mit irgendeiner Situation in deinem Leben, die dich traurig und perspektivlos macht. Blick nach vorn und such eine Alternative, aufgeben kannst du immer noch. Die Bremer Stadtmusikanten nehmen ihr Schicksal selber in die Hand und warten nicht darauf, dass sie dem Tod verfallen. Sie sagen sich: „Alles kann eigentlich nur besser werden. Alles kann eigentlich nur besser sein, als mich einfach meinem Schicksal zu überlassen.“ Sie machen sich mutig auf und suchen nach einer neuen Zukunft. Und nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand.
Für mich ist das ein Märchen fürs Leben, wie es wirklich ist. In meinem Leben gab und gibt es auch immer wieder Rückschläge: Krankheiten, Trennungen, den Tod lieber Menschen, der Verlust von dem was ich einmal als Heimat bezeichnet habe. Meine Vorbilder sind die Bremer Stadtmusikanten: der Esel, der Hund, die Katze und der Hahn. Sie sagen mir: Ich bin nicht allem hilflos ausgesetzt, sondern kann selber etwas ändern. Durch meinen Glauben an Gott finde ich immer wieder die Kraft aufzustehen, nach vorne zu schauen, weiterzugehen, nach neuen Zielen Ausschau zu halten und mutig in die Zukunft zu gehen. Das ist mir bisher immer wieder gelungen. In dunklen Stunden denke ich manchmal mit einem Lächeln an den Esel: „Etwas Besseres als den Tod gibt es überall.“