LebensZeichen 38/2023

EnttäuschungsZeichen

Na, haben Sie dieses Banner schon einmal gesehen? Es hängt bei uns in Schierstein am Turm der Pfarrkirche St. Peter und Paul und das nun schon seit November 2019, weswegen es vielleicht kaum mehr ins Auge fällt. Eigentlich sollten es Selbstverständlichkeiten sein, die hier zu lesen sind, aber es bedeutete einmal Aufbruchsstimmung für unser Team von „Christen sagen ihre Meinung /Maria 2.0“.

Die von uns damals organisierte Sonntagsmatinee-Reihe in Schierstein war Teil davon. Themen, die uns unter den Nägeln brannten – und immer noch brennen – , kamen zur Sprache: Missbrauch, Ökumene, Frauen in der Kirche, Ämter, Zölibat und queere Menschen. Wir stellten fest, dass viele der Besucher*innen bei die-sen Themen Aufbruch und Veränderung wollten. Dass viele von ihnen an der Kirche litten und sich mehr Offenheit, Zuwendung und Nächstenliebe von ihr wünschten. Wir fühlten uns als Team bestätigt und beflügelt.

So wurden aus den Matineen Aktionen und Installationen in und um die Kirche St. Peter und Paul. Aufrütteln sollten sie und nachdenklich machen. Wir wollten etwas bewegen und vor allem uns bewegen – hin zu einem glaubwürdigen Christentum und zu einer menschenfreundlichen Kirche. So wie es unser Banner proklamierte.

Doch dann die Enttäuschung. Nicht nur, dass der synodale Weg vom erhofften großen Aufbruch wenig übrigließ. Auch der Zuspruch in der eigenen Pfarrei scheint verebbt.

Einige von uns haben die Gemeinde oder sogar die Kirche inzwischen verlassen. Unser Team hat sich mehr oder weniger seine eigenen Nischen gesucht. So z. B. auch in unseren Glaubensfeiern, die einmal im Monat am Kirchort St. Peter und Paul stattfinden.

Diese Kirche hat sich überlebt. Es wird sie so nicht mehr lange geben, weil sie sich selber abschafft. Weil sie ein Gottesbild vermittelt, dass nur ein jämmerliches Zerrbild des Gottes der Liebe ist. Weil Kirche nicht ernst macht mit den Aussagen der Bibel, dass Gott den Men-schen geschaffen hat als sein Bild und uns liebt, ganz gleich wie wir sind. Weil diese Kirche Menschen ausgrenzt und damit deren Würde verletzt anstatt Nächstenliebe zu üben, wie Jesus.

Und das Banner am Kirchturm? Das ist genau deswegen für uns inzwischen zur Farce geworden. Kirche spricht nicht jedem Menschen die gleiche Würde zu und begegnet ihnen mit Respekt. Sie erlebt Vielfalt nicht als Geschenk und Bereicherung, sondern propagiert ein überholtes Menschenbild. Wundern Sie sich also nicht, wenn das Banner irgendwann nicht mehr am Kirchturm hängt. Der ein oder die andere wird vielleicht sogar erleichtert sein.

Möchten Sie das mit uns noch einmal diskutieren?

Herzliche Einladung zur nächsten Glaubensfeier und anschließender Diskussion am 19. Oktober 2023 um 18 uhr in St. Peter und Paul.

Menschen von „Christen sagen ihre Meinung/Maria 2.0“