„Sie schickt der Himmel!“
Bei der Reparatur von Fahrrädern unterstützen und dabei über Gott und die Welt ins Gespräch kommt – so einfach lässt sich die Idee von „Bikes & Babbeln“ in Wiesbaden zusammenfassen. Noch bis Ende September und immer freitags von 15 bis 18 Uhr steht ein kleines Team auf dem Ulrich-Weinerth-Platz, um kleinere Reparaturen an Drahteseln durchzuführen und mit Menschen aus dem Viertel ins Gespräch zu kommen.
„Die Motivation für uns ist, mit Menschen im Viertel ins Gespräch zu kommen, die sonst keinen kirchlichen Bezug mehr haben“, erklärt Georg Fischer. Der IT-Projektleiter aus Eschborn macht gerade eine Qualifizierung für Pioniere in der Kirche und hat das Projekt im Rahmen seiner Ausbildung zum Diakon im Zivilberuf angestoßen. „Die Resonanz ist recht gut“, freut sich Fischer. „Ganz oft stehen schon Leute mit ihren Fahrrädern an. Manchmal haben sie einen kirchlichen Bezug, manchmal nicht und manchmal ist es ein muslimischer Nachbar. Aber immer sind es Menschen von vor Ort.“ Während am Fahrrad geschraubt werde, kämen die Besucher schnell über „Gott und die Welt“ ins Gespräch. Meist seien die Besucher sehr überrascht, dass dahinter auch die Kirchen stehen und nicht der Fahrradclub ADFC, meint Fischer und muss schmunzeln. Aus Smalltalk werde dann schnell mehr: „Es bleibt nicht an der Oberfläche, sondern geht erstaunlich schnell in die Tiefe“, so der Diakon in Ausbildung. Krankheiten, persönliche Schwierigkeiten im Leben, Gespräche und Diskussionen über den Glauben. Nicht wenige seien dankbar, dass jemand ein Ohr für sie habe.
Gemeinschaftsprojekt mit vier Trägern
Die Idee mit „Bikes&Babbeln“ kam Fischer nicht alleine. Bei einer Sozialraumerkundung, bei der Fischer Inspiration sammelt für ein diakonisches Projekt und herausfinden wollte, was Menschen heute von der Kirche brauchten, kam er ins Gespräch mit Akteuren in der Nachbarschaft. „Die Idee wurde gemeinsam geboren“, erzählt Fischer. Der Biberbau - eine pädagogisch betreute offene Kinderarbeit mit Aktionsspielplatz im Viertel- wollte schon seit längerer Zeit eine Fahrradreparaturwerkstatt starten. Die Idee für ein Gesprächsangebot kam noch dazu. „Daraus ist dann ,Bikes&Babbeln‘ geworden“, sagt Fischer. Getragen wird das Projekt vom Biberbau, dem Forum Waldstraße, der evangelischen Markuskirchengemeinde und der katholischen Pfarrei St. Peter und Paul Wiesbaden. Zum ersten Mal überhaupt gebe es eine längere Zusammenarbeit in der Konstellation der Partner im Viertel. Finanziell unterstützt wird das Projekt über den Biberbau von der Wiesbadener Initiative „Ich geh ein Stück mit dir“.
Leichtgewichtig wie ein Pop-Up-Store
Ein Pavillon, der in 10 Minuten aufgebaut wird, eine Biertischgarnitur, die das Team von dem Weinstand auf dem Platz erhält, die Kosten für die kleinen Reparaturen, mindestens zwei Personen, die sich Reparaturen und Gespräche aufteilten, und ein wenig Werbung. „Der Aufwand ist sehr gering“, erzählt Fischer. „Bikes&Babbeln“ sei in Sachen Arbeitsaufwand „leichtgewichtigt wie Pop-Up-Stores“. Ob das Projekt im kommenden Jahr allerdings wieder aufgelegt werde, müsse sich noch zeigen. Bisher seien nur Hauptamtliche engagiert. Fischer hofft auf Ehrenamtliche, die mitmachen wollten. Die Erfahrungen mit dem ungewöhnlichen Sommerangebot aber sprechen für sich. Besonders erinnert sich der angehende Diakon an eine Begegnung mit einem Fahrradfahrer, der bei seiner Tour eine Panne hatte und in diesem Moment zufällig auf „Bikes&Babbeln“ traf. „Sie schickt der Himmel!“, sagte der Radler nur dankbar. Fischer lacht: „Ja, genau.“