St. Klara zu Gast bei Hofe
Am Samstag vor dem dritten Advent machten sich 45 Leute aus Klarenthal (5 hatten am Abfahrtsmorgen noch wegen Krankheit abgesagt) mit dem Bus auf den Weg nach Fulda. Während der etwas eintönigen Autobahnfahrt nutzte Dr. Rollig die Gelegenheit, um die Mitreisenden auf die Barockstadt Fulda einzustimmen, indem er einen kurzen Abriss der über eintausendjährigen Geschichte des Klosters und der Stadt vermittelte.
Das Wetter war auch in Fulda grau und diesig, aber trocken. So strömten die Reisenden – ohne Regenschirm – entweder zur Besichtigung des Domes oder aber gleich in die Innenstadt, wo sowohl der Winterwald vor der barocken Stadtpfarrkirche, der mittelalterliche Weihnachtsmarkt im Hof des Vonderau-Museums als auch der „klassische“ Weihnachtsmarkt rund um die riesige Weihnachtspyramide auf dem Universitätsplatz mit den zahlreichen Buden von Kunsthandwerkern, aber vor allem mit einem breiten Angebot von Speisen und Getränken – Glühwein in allen Variationen – lockten. Die Eisbahn auf dem Dach des ehemaligen Kaufhauses Kerber fand hingegen – dem Alter der Mitreisenden geschuldet – wenig Aufmerksamkeit.
Den Höhepunkt der Reise bildete aber zweifelsohne der Besuch bei Hofe. Welcher Hof?
In der Zeit des Absolutismus gerierten sich die Fürstäbte des Hochstifts Fulda, das über einen kleinen Kirchenstaat herrschte – als absolutistische Fürsten, erbauten sich neben dem Dom ein prachtvolles Stadtschloss mit sehr repräsentativen Räumen und hielten prunkvoll Hof – man weiß heute, dass es eine der prunkvollsten und verschwenderischsten Hofhaltungen aller deutschen Fürsten war.
Um 14:00 Uhr trafen sich die Reisenden am Eingang zum Ehrenhof und wurden dort von zwei Fremdenführerinnen – „Hofdamen“ und einem Fremdenführer in barocken Roben empfangen, die die Wiesbadener in drei Gruppen durch die Prunkräume führten und dabei sehr viel Unterhaltsames über die damalige Zeit bei Hofe erzählten. So lernten die Damen der Gruppe den gekonnten Hofknicks und die Herren den entsprechenden „Diener“.
Eine der drei Gruppen hatte noch ein besonderes Erlebnis. Das Ehepaar Rollig hatte sich vor 50 Jahren im dortigen Spiegelkabinett – das Fuldaer Standesamt residierte dort – das Ja-Wort gegeben. Dies war der Fremdenführerin „Anna von Schönborn“ zu Ohren gekommen und sie hatte eine besondere Überraschung vorbereitet. Das Ehepaar Rollig musste vor einer geschlossenen Tür warten, und als sie sich öffnete, stand dahinter die ganze Gruppe Spalier und begrüßte das Paar mit dem gelernten Hofknicks und dem Diener. Im Anschluss daran – an historischem Ort – hatte „Anna von Schönborn“ aus Silberfolie gebastelte Ringe parat, die sich das Jubelpaar unter dem Beifall der Gruppe noch einmal ansteckte – mit den Wünschen der Anwesenden auf weitere 50 Jahre.
Nach der Besichtigung bestand noch einmal Gelegenheit zum Besuch der Weihnachtsmärkte in der Stadt – jetzt bei Dunkelheit leuchteten die Tausende Lichter und erzeugten eine tolle Stimmung. Nur voll war es.
Die Abfahrt nach Hause gestaltete sich zu einem größeren Problem. Wegen eines Weihnachtslieder-Singens auf dem Domplatz mit tausenden von Besuchern hatte die Polizei überraschend die Straßen rund um den Dom abgesperrt, so dass der Bus die vereinbarte Haltestelle zur Abfahrt nicht anfahren konnte. In Absprache mit der Polizei wurde der Bus per Handy nahe an die Absperrung herandirigiert und das Ehepaar Rollig machte sich auf, um alle Mitreisenden zum neuen Treffpunkt zu lotsen. Trotz Dunkelheit und der vielen Menschen, die alle zum Singen wollten, gelang dies und so setzte sich der Bus mit nur wenigen Minuten Verspätung und mit vollzähliger Mannschaft an Bord wieder Richtung Wiesbaden in Bewegung.
Auf der Autobahnfahrt ergriff Dr. Rollig noch einmal das Wort und reflektierte das bei der Führung im Stadtschloss erfahrene. Jesus habe eine arme Kirche gepredigt, die Kirche war ursprünglich eine Kirche des einfachen Volkes. Benedikt, der Ordensgründer, hat den Leitspruch für seinen Orden „ora et labora“ – bete und arbeite ausgegeben. In der Zeit des Absolutismus ist aber die Kirche total aus dem Ruder gelaufen. Was die Fürstäbte dort praktizierten, war nicht das, was Jesus wollte. Deshalb ist es als Fügung aufzufassen, dass durch den Reichsdeputationshauptschluss das kirchliche Fürstentum aufgelöst und säkularisiert wurde.
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