Von Pfeifen, Register, Manualen und der Windlade
Dass St. Klara aufgegeben und nach dem Umzug der Gemeinde die Orgel verkauft und abgebaut werden soll, weiß mittlerweile jeder in der Gemeinde. Nur wann das sein wird, kann niemand sagen. Ursprünglich im Sommer 2025 erwartet, verschob sich der Umzugstermin in den Herbst, in den Winter und es ist zu befürchten, dass es wieder Sommer werden könnte. Schon länger geplant wollte sich die Gemeinde am 4. Advent mit einem kleinen Konzert von ihrer Orgel verabschieden, auch wenn sie uns noch bis zum Umzug die Gottesdienste verschönern wird.
In seiner Begrüßung ging Dr. Rollig auch auf die Geschichte der Orgel ein. Nach dem Bau des Gemeindezentrums St. Klara reichte es 1975 finanziell nur zur Anschaffung eines gebrauchten Orgel-Positivs mit nur einem Manual. Das kleine Orgelchen leistete gute Dienste, war aber für den großen Kirchenraum nicht ganz raumfüllend. So beschloss die Gemeinde im Jahr 2001 die Anschaffung einer neuen größeren Orgel.
In der Zeit stand eine 1968 von der Firma Speth für die Kirche St. Vinzenz in Oberhausen-Osterfeld gebaute Orgel zum Verkauf. Im Ruhr-Bistum hatte man schon früher als in Limburg mit der Zusammenlegung von Gemeinden begonnen. St. Vinzenz wurde an die Griechisch-Orthodoxe Kirche verkauft, die Orgeln in ihrer Liturgie nicht kennt. Deshalb stand die Orgel zum Verkauf. Die Gemeinde St. Klara sammelte eifrig Spenden ein; sogar ein Halbstück Rheingauer Weines wurde erworben, auf Flaschen mit einem besonderen Etikett „Orgelwein“ gezogen und verkauft. So konnte die neue Orgel und vor allem der Um- und Einbau in St. Klara fast vollständig durch die Spenden der Gemeinde finanziert werden.
Also kam die Orgel vom Ruhrgebiet 2002 nach Wiesbaden und wurde vom Orgelbauer Markus Graser leicht verändert und an die Raumbedingungen in St. Klara angepasst, so z.B. ein neues Gehäuse gebaut, der Winddruck erhöht und die Intonation aller Pfeifen verändert, so dass der Klang grundtöniger und tragfähiger wurde. Die neue Orgel wurde am 20. Oktober 2002 feierlich eingeweiht.
Nun steht der Orgel wieder ein Umzug bevor – wohin, ist unbekannt. Ein Angebot des potenziellen Zwischenhändlers, bereits ab dem 07. Januar 2026 die Orgel abzubauen und nach Polen zu verfrachten, wurde vom Ortsausschuss von St. Klara abgelehnt.
Zu dem Abschlusskonzert waren viele Gemeindemitglieder und auch Gäste gekommen. Oliver Weckbacher, der seit Beginn die Orgel in hunderten Gottesdiensten gespielt hat, eröffnete das kleine Konzert mit zwei Werken von Johann Sebastian Bach: „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ und „Nun kommt der Heiden Heiland“.
Burkhard Mohr hatte in den letzten Jahren die Orgel schon im Rahmen von Weihnachtskonzerten kennengelernt. Der studierte Kirchenmusiker und Komponist entlockte der Orgel Tonsequenzen, die im normalen Gottesdienst-Betrieb nicht so gebräuchlich sind. Herr Mohr intonierte Werke von Georg Böhm, Ute Kubeler, Johann Sebastion Bach und auch eigene Kompositionen.
Dazwischen las das Ehepaar Rollig die Geschichte „Perspektivenwechsel“ einmal von oben nach unten und dann von unten nach oben. Gleicher Text, doch völlig andere Aussagen. Dr. Rollig verglich den ersten – pessimistischen – Teil mit der jetzigen Situation der Gemeinde und den zweiten – optimistischen – Teil mit der Zeit, die auf den Umzug folgen wird.
Mit dem gemeinsam gesungenen irischen Segenswunsch „Möge die Straße uns zusammenführen“ und einem Gedicht von Peter Rosegger schloss das kleine Konzert.
Das Thermometer in der Kirche zeigte nur 12 Grad. So waren die zahlreichen Besucher froh, dass der Festausschuss von St. Klara zum Aufwärmen Glühwein, Kinderpunsch und Weihnachtsplätzchen vorbereitet hatte. So stand man im warmen Foyer noch gut eine Stunde zusammen und pflegte die Kommunikation.
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