29. September 2025
„Zuspruch“ auf hr2: „Euer Auftrag: heilig werden!“
Euer Auftrag: heilig werden!
Vor ein paar Jahren hat mich ein Pfarrer bei einem Gottesdienst mit einer etwas merkwürdigen Aufforderung überrascht: „Euer Auftrag ist es, heilig zu werden“, hat er zu den Menschen, die mitgefeiert haben gesagt. Ich fand das erst einmal etwas schräg, vor allem weil fast nur Jugendliche in diesem Gottesdienst waren. Und die hatten vermutlich alles andere im Kopf als ihre Lebensaufgabe darin zu sehen: heilig zu werden. Wer ist schon heilig?
Ich habe jetzt wieder an diesen Satz gedacht, als Papst Leo einen Jugendlichen vor drei Wochen heilig-gesprochen hat. Es ist Carlo Acutis. Er wurde nur 15 Jahre alt und ist 2006 an Leukämie gestorben. Eine seiner Zitate aus seinem kurzen Leben lautet: „Ich bin glücklich zu sterben, weil ich mein Leben gelebt habe, ohne eine Minute auf die Dinge zu verschwenden, die Gott nicht gefallen.“
Da bleibt mir ehrlich gesagt die Sprache weg, weil ich gerne lebe und am liebsten hundert Jahre alt werden möchte. Carlo war eigentlich ein ganz normaler Jugendlicher, er hat viel Zeit im Internet verbracht, ging auf ein normales Gymnasium. Seine Eltern waren nicht besonders gläubig. Carlo erstellt schon mit elf Jahren eigene Webseiten über Wunder, die bei gläubigen Katholiken durch den Empfang der Kommunion geschehen sind. In der Schule und in seiner Nachbarschaft war er als Junge bekannt, der anderen geholfen hat und sich auch um Obdachlose kümmerte. Die kamen auch zahlreich zu seiner Beerdigung, als er am 12. Oktober 2006 gestorben war. Das Leben dieses Teenagers fasziniert mich und ich bin total gespannt auf den Film über Carlo Acutis, der „Roadmap to reality“ – übersetzt: „Fahrplan zur Realität“ – heißt.
Heilig werden: Für mich fängt das damit an, dass einer sagt: „Das kann doch wohl nicht so bleiben.“ Und ich tue etwas dagegen. Ich kenne Menschen, die sagen: „Das kann doch wohl nicht so bleiben, dass sich keiner um diese ausländische Familie kümmert.“ Mein Sohn zum Beispiel hat sich entschlossen, ausländischen Kindern Sprachunterricht zu geben. Andere helfen bei Formularschwierigkeiten. Manche sagen: „Das kann doch wohl nicht so bleiben, dass unsere alten Menschen im Heim nicht besucht werden.“ Und sie gehen hin und sind an einem Nachmittag im Monat für sie da, erzählen und singen mit ihnen. Mit anderen Vätern zusammen habe ich mir vor vielen Jahren gesagt: „Das kann doch wohl nicht sein, dass es für Kinder in unserer Gemeinde kein Angebot in den Sommerferien gibt,“ und wir machen jetzt jedes Jahr eine Woche Zeltlager, gerade auch für sozial schwache Kinder. „Da muss sich etwas ändern!“ Ich glaube wirklich: Heilig werden fängt oft genau mit dieser Erkenntnis an.